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Seite 62 Übersetzung & Transkription

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Übersetzung

wes er benötigt ist;
Damit der Herr nicht zürnt, zu keiner Frist;
Nicht ist zu tadeln jenes Dieners Thun.

48 Oft sahen ihn die guten Eltern beid‘,
Und jenes Mädchen auch, das er gefreit;
In keiner Weise spricht er jene an,
Noch haben sie die Frage je gethan,
Wer er doch sei, ob seine Heimat weit.

49 Oft sieht er sie gar großes Leid bestehn,
Aus ihren Augen viele Thränen gehn,
Alles für ihn, für sich nicht, nimmermehr.
Er blickt sie an, verfällt in Trauer sehr
Er hofft auf Gott, so bleibt es ungesehn.

50 Unter der Treppe ist er jeder Frist,
Bekommt, was von der Tafel übrig ist;
Zu großer Armut kam sein hoher Stand,
Er will nicht, daß der Mutter es bekannt;
Mehr ist als Menschen Gott ihm, wie ihr wißt.

51 Vom Fleische und des Hauses Überfluß
Behält er, was sein Körper haben muß;
Was übrig, hat der Arme, Mann und Weib;
Nicht häuft er‘s auf, noch mästet er den Leib,
Den Ärmsten immer giebt er‘s zum Genuß.

52 Die heil’ge Kirche er besuchet gern,
Von keinem ihrer Feste bleibt er fern,
Die heil‘ge Schrift ist Führer seinem Sinn,
Im Gottesdienst, wünscht er, sie stärke ihn;
In keiner Art läßt er vom Wort des Herrn.

53 Unter der Treppe ist er allezeit,
Trägt seine Armut er mit Freudigkeit;
Des Vaters Sklaven haben sich erlaubt,
Schmutzwasser ihm zu gießen übers Haupt;
Nicht spricht er drum, er bleibt vom Zorne weit.

54 Man peinigt ihn, gehöhnet man ihn hat,
Man gießt ihm Wasser auf die Lagerstatt.
Nicht zürnt der heil‘ge Mann, wie es auch sei,
Er bittet Gott, daß jenen er verzeih,
Da keiner weiß, was er begangen hat.

55 Also verweilt er dort bei siebzehn Jahr,
Und nicht erkannt er von den Seinen war;
Noch wußt‘ ein Mensch die Schmerzen, die er trug,
Als nur sein Bett, wo er ja lag genug:
Er ändert‘s nicht, daß es nicht völlig klar.

56 Schier vierunddreißig Jahr er sich kasteit.
Vergelten will ihm Gott des Dienens Zeit;
Und seine Krankheit drücket ihn gar sehr,
Er weiß, er hat viel nicht zu leben mehr;
Und jenen Diener ruft er sich beiseit.

57 „Hol‘ Pergament und Tinte, Bruder, mir,
Und eine Feder, dies bitt ich von dir.“
Er giebt‘s sogleich Alexis in die Hand
Der schreibt sein Leben drauf bis an den Rand,
Wie er gewandert, wie er ging von hier.

58 Behält‘s für sich, kein Mensch es jemals sah,
Man soll‘s erst wissen, wenn er nicht mehr da.
Er hat sich Gott befohlen ganz und gar:
Sein Ende naht, und siech sein Körper war;
Kaum seinen Laut vernimmt mehr fern und nah.

59 In jener Woche, da er sterben soll,
‘ne Stimme dreimal in der Stadt erscholl,
Draußen beim Heiligtum nach Gottes Wort,
Der seine Gläub‘gen alle rief nach dort;
Nah ist die Gloria und das Leid ist voll.

60 Die zweite

Transkription

amanvet quanq[ue] bosuinz li ert · contra seinur ne s’en volt mesaler/ par nule guise ne l’em puet hom blasmer · Sovent le virent e le pedre/ e le medra · e la pulcele quet li ert espusede · par nule guise unces/ ne l’aviserent · n’il ne lur dist nelf [The scribe first wrote neil, then corrected this to nelf, but doubtless intended n’els] nel demanderent · quels hom/ esteit ne de quel terre il eret · Soventes feiz lur veit grant duel/ mener · e de lur oilz mult tendrement plurer · e tut pur lui unces/ nient pur eil · danz alexis le met el consirrer · ne l’en est rien issi est/ aturnet · Soz le degret ou il gist sur sa nate · iluec paist l’um/ del relef de la tabla · a grant poverte deduit sun grant parage · / có ne volt il que sa mere le sacet · plus aimet deu que tut sun linage · / De la viande ki del herberc li vint · tant an retint dunt sun cors/ an sustint · se lui en remaint sil rent as povrins · n’en fait musgode/ pur sun cors engraisser · En sainte eglise converset volenters · / cascune feste se fait acomunier · sainte escriture có ert ses con/seilers · del deu servise se volt mult esforcer · par nule guise/ ne s’en volt esluiner · Suz le degret ou il gist e converset/ iloc deduit ledement sa poverte · li serf sum pedre ki la maisnede/ servent · lur lavadures li getent sur la teste · ne s’en corucet/ net il nes en apelet · Tuz l’escarnissent sil tenent pur bricun · / l’egua li getent si moilent sun lincól ne s’en corucet giens cil sain/tismes hom · ainz priet deu quet il le lur parduinst · par sa/ mercit quer ne sevent que funt · Iloc converset eisi dis e set/ anz · nel reconut nuls sons apartenanz · ne nuls home ne sout/ les sons ahanz · / Trente quatre anz ad si sun sors penet · deus sun servise li volt guere/duner · mult li angreget la sue anfermetet · or set il bien · qued il/ s’en deit aler · cel son servant ad a sei apelet · Quer mei bel frere/ & enca e parcamin · & une penne có pri tue mercit · cil li aportet/ receit le aleis · escrit la cartra tute de sei medisme · cu[m] s’en alat/ e cum il s’en revint · Tres sei la tint ne la volt demustrer · ne re/conuissent usque il s’en seit alet · parfitement se ad a deu cumandet/ sa fin aproismet ses cors est agravet · de tut an tut recesset del par/ler · An la sameine qued il s’en dut aler · vint une voiz treis feiz/ en la citet · hors del sacrarie par cumandement deu · ki ses fedeilz/ li ad tuz amviet · prest est la glorie qued il li volt duner En l’alt[ra]/

Übersetzung

wes er benötigt ist;
Damit der Herr nicht zürnt, zu keiner Frist;
Nicht ist zu tadeln jenes Dieners Thun.

48 Oft sahen ihn die guten Eltern beid‘,
Und jenes Mädchen auch, das er gefreit;
In keiner Weise spricht er jene an,
Noch haben sie die Frage je gethan,
Wer er doch sei, ob seine Heimat weit.

49 Oft sieht er sie gar großes Leid bestehn,
Aus ihren Augen viele Thränen gehn,
Alles für ihn, für sich nicht, nimmermehr.
Er blickt sie an, verfällt in Trauer sehr
Er hofft auf Gott, so bleibt es ungesehn.

50 Unter der Treppe ist er jeder Frist,
Bekommt, was von der Tafel übrig ist;
Zu großer Armut kam sein hoher Stand,
Er will nicht, daß der Mutter es bekannt;
Mehr ist als Menschen Gott ihm, wie ihr wißt.

51 Vom Fleische und des Hauses Überfluß
Behält er, was sein Körper haben muß;
Was übrig, hat der Arme, Mann und Weib;
Nicht häuft er‘s auf, noch mästet er den Leib,
Den Ärmsten immer giebt er‘s zum Genuß.

52 Die heil’ge Kirche er besuchet gern,
Von keinem ihrer Feste bleibt er fern,
Die heil‘ge Schrift ist Führer seinem Sinn,
Im Gottesdienst, wünscht er, sie stärke ihn;
In keiner Art läßt er vom Wort des Herrn.

53 Unter der Treppe ist er allezeit,
Trägt seine Armut er mit Freudigkeit;
Des Vaters Sklaven haben sich erlaubt,
Schmutzwasser ihm zu gießen übers Haupt;
Nicht spricht er drum, er bleibt vom Zorne weit.

54 Man peinigt ihn, gehöhnet man ihn hat,
Man gießt ihm Wasser auf die Lagerstatt.
Nicht zürnt der heil‘ge Mann, wie es auch sei,
Er bittet Gott, daß jenen er verzeih,
Da keiner weiß, was er begangen hat.

55 Also verweilt er dort bei siebzehn Jahr,
Und nicht erkannt er von den Seinen war;
Noch wußt‘ ein Mensch die Schmerzen, die er trug,
Als nur sein Bett, wo er ja lag genug:
Er ändert‘s nicht, daß es nicht völlig klar.

56 Schier vierunddreißig Jahr er sich kasteit.
Vergelten will ihm Gott des Dienens Zeit;
Und seine Krankheit drücket ihn gar sehr,
Er weiß, er hat viel nicht zu leben mehr;
Und jenen Diener ruft er sich beiseit.

57 „Hol‘ Pergament und Tinte, Bruder, mir,
Und eine Feder, dies bitt ich von dir.“
Er giebt‘s sogleich Alexis in die Hand
Der schreibt sein Leben drauf bis an den Rand,
Wie er gewandert, wie er ging von hier.

58 Behält‘s für sich, kein Mensch es jemals sah,
Man soll‘s erst wissen, wenn er nicht mehr da.
Er hat sich Gott befohlen ganz und gar:
Sein Ende naht, und siech sein Körper war;
Kaum seinen Laut vernimmt mehr fern und nah.

59 In jener Woche, da er sterben soll,
‘ne Stimme dreimal in der Stadt erscholl,
Draußen beim Heiligtum nach Gottes Wort,
Der seine Gläub‘gen alle rief nach dort;
Nah ist die Gloria und das Leid ist voll.

60 Die zweite

 

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