Text only

Seite 66 Übersetzung & Transkription

Vorige Seite - Kommentar - Nächste Seite

Image © Hildesheim, St Godehard

Übersetzung

98 Hätt ich gekannt dich unter unserm Dach,
Wo du so lang gelegen krank und schwach,
Das ganze Volk nicht hätte mir gewehrt,
Daß ich mit dir zusammen dort verkehrt,
Ich hätte dich gepfleget alle Tag‘.“

99 „Nun,“ sprach das junge Weib, „bin Witwe ich,
Und nimmer hab ich Freude sicherlich;
Ein andrer Mann zu teil mir nimmer wird,
Gott werd ich dienen, der die Welt regiert;
Wenn ich ihm diene, trifft kein Mangel mich.“

100 So jammerte das arme Elternpaar,
Das Weib, bis alles fortgegangen war;
Indes den heil‘gen Leib sie schmücken gern,
Und köstlich rüsten ihn die hohen Herrn.
Beglückt, wem man bringt Glaubens Ehre dar!

101 „Ihr Herrn,“ der Priester spricht, „was treibet ihr?
Welch Schreien? Endet dieses Lärmen hier.
In unserm Aug ist‘s Freud, was es auch sei;
Sein Fürsprach machet uns der Sünde frei;
Daß er die Übel löse, bitten wir.“

102 Alles ergreift ihn, was herzu nur kann,
Und singend tragen sie den heil‘gen Mann;
Und alles bittet um Erbarmen ihn,
Nicht Mahnung braucht‘s, andre herbeizuziehn
Denn Klein‘ und Große drängen sieh heran.

109 So ist das ganze Volk von Rom erregt,
Ein jeder kommt so schnell der Fuß ihn trägt;
In allen Straßen eilen sie zuhauf;
Nicht Graf und König stören ihren Lauf;
Nichts hat sie über ihn hinaus bewegt.

104 So haben unter sich die hohen Herrn geredt:
„Groß ist das Drängen, keiner vorwärts geht,
Um diesen Heil‘gen, den gesandt der Herr,
Ist froh das Volk, das ihn ersehnte sehr;
Und unbeweglich alles bei ihm steht.“

105 Es sprachen die, die übers Reich Gewalt:
„Geduld, ihr Herrn, das bessern wir wohl bald;
Wir teilen reichlich Geld und Geldeswert
Was ja die Hand des Armen stets begehrt:
Leicht findet Platz, wer nur recht reichlich zahlt.“

106 So holt man Silber denn hervor und Gold
Das bald auch voer der Armen Füßen rollt:
So, glauben jene, ist es leicht gethan
Doch diese rühren nichts vom Gelde an,
Denn keiner hat vom Heil‘gen losgewollt.

107 Die armen Leute rufen insgemein:
„Von dieser Habe soll nichts unser sein;
So große Freude ist uns jetzt beschert
In diesem Heil‘gen, andres hat nicht Wert,
Und seine Fürsprach ist dereinst nicht klein.“

108 Niemals war Rom, die Stadt, so freudevoll
Wie jenen Tag bei Reich und Armen wohl
Um diesen heil‘gen Leib, der jetzt der ihre war;
Es schien, als hätten sie Gott selber gar;
Von allem Volke Gottes Lob erscholl.

109 Alexis jedes Böse immer mied,
Darum ist ihm so hohe Ehr erblüht,
Der Körper sein ruhet zu Rom der Stadt,
Die Seele Gott im Paradiese hat.
Wohl kann voll Freude sein, wer also schied.

110 Wer Sünde that, sich dessen wohl entsinnt
Durch Buße er Vergebung, stets gewinnt.
Ein beß‘res Leben kommt, wenn dies vergeht;
Dies bitten wir die heil‘ge Trinität,

Transkription

Se ie sousse la ius suz lu degret · ou as geud de lung amfermetet · ia tute/ gent ne m'en sousent turner · qu'a tei ansemble n'ousse converset/ si me leust si t'ousse bien guardet · Ore sui ío vedve sire dist la pulcela · / ia mais ledece n'avrai quar ne pot estra · ne ia mais hume n'avrai an tute/ terre deu servirei le rei ki tot guvernet · il nel faldrat s'il veit que io lui/ serve · Tant i plurat e le pedra e la medra · e la pulcela que tuz s'en alasse/rent · en tant dementres le saint cors conreierent · tuit cil seinur e bel/ l'acustumerent · com felix cels ki par feit l'enorerent · Seignors que/ faites có dist li apostolie · que valt cist crit cist dols ne cesta noise · / chi chi se doilet a nostr'os est il goie · quar par cestui avrum boen adiu/torie · si li preiuns que de tut mals nos tolget · Trestuz li preient [error for le prenent The copyist’s eye has strayed ahead here to the next line.] ki pou/rent avenir · cantant enportent le cors saint alexis · e tut li preient/ que d'els aiet mercit · n'estot somondre icels ki l'unt oit ·tuit i acorent/ li grant e li petit · Si s'en commourent tota la gent de rome · plus tost/ i vint ki plus tost i pout curre · par mi les rues an venent si granz t[ur]bes · / ne reis ne quons n'i poet faire entrarote · ne le saint cors ne pourent/ passer ultra · Entr’els an prennent cil seinor a parler · granz est/ la presse nus n'i poduns passer · cest saint cors que deus nus ad donet · / liez est li poples ki tant l'at desirret · tuit i acorent nuls ne s'en volt/ turner · Cil an respondent ki l'ampirie bailissent · mercit seniurs/ nus an querreu[n]s mecine · de noz aveirs feruns largas departies · la main/ menude ki l’almosne desiret · s’il nus funt presse uncore an ermes delivres · / De lur tresors prenent l’or e l’argent · sil funt ieter devant la povre gent/ par icó quident aver discumbrement · mais ne puet estra cil n’en rovent/ nient · a cel saint hume trestut est lur talent Ad une voiz crient la gent/ menude · de cest aveir certes nus n’avum cure · si grant ledece nus [est] apa/rude · d’icest saint cors que avum am bailide · par lui avru[m] se deu/ plaist bone aiude · Unches en rome n’en out si grant ledece cun out/ le iurn as povres & as riches · pur cel saint cors qu’il unt en lur bailie ·/ có lur est vis que tengent deu medisme · trestut le pople lodet deu/ e graciet · Sainz alexis out bone volentet · pur oec en est oi cest/ jurn oneuret · le cors an est an rome la citet · e l’anema en est enz/ el paradis deu · bien poet liez estra chi si est aluez ki fait ad pechet/ bien s’en pot recorder · par penitence s’en pot tres bien salver · bries/ est cist secles plus durable atendeiz · có preiums deu la sainte t[ri]nitet/

Übersetzung

98 Hätt ich gekannt dich unter unserm Dach,
Wo du so lang gelegen krank und schwach,
Das ganze Volk nicht hätte mir gewehrt,
Daß ich mit dir zusammen dort verkehrt,
Ich hätte dich gepfleget alle Tag‘.“

99 „Nun,“ sprach das junge Weib, „bin Witwe ich,
Und nimmer hab ich Freude sicherlich;
Ein andrer Mann zu teil mir nimmer wird,
Gott werd ich dienen, der die Welt regiert;
Wenn ich ihm diene, trifft kein Mangel mich.“

100 So jammerte das arme Elternpaar,
Das Weib, bis alles fortgegangen war;
Indes den heil‘gen Leib sie schmücken gern,
Und köstlich rüsten ihn die hohen Herrn.
Beglückt, wem man bringt Glaubens Ehre dar!

101 „Ihr Herrn,“ der Priester spricht, „was treibet ihr?
Welch Schreien? Endet dieses Lärmen hier.
In unserm Aug ist‘s Freud, was es auch sei;
Sein Fürsprach machet uns der Sünde frei;
Daß er die Übel löse, bitten wir.“

102 Alles ergreift ihn, was herzu nur kann,
Und singend tragen sie den heil‘gen Mann;
Und alles bittet um Erbarmen ihn,
Nicht Mahnung braucht‘s, andre herbeizuziehn
Denn Klein‘ und Große drängen sieh heran.

109 So ist das ganze Volk von Rom erregt,
Ein jeder kommt so schnell der Fuß ihn trägt;
In allen Straßen eilen sie zuhauf;
Nicht Graf und König stören ihren Lauf;
Nichts hat sie über ihn hinaus bewegt.

104 So haben unter sich die hohen Herrn geredt:
„Groß ist das Drängen, keiner vorwärts geht,
Um diesen Heil‘gen, den gesandt der Herr,
Ist froh das Volk, das ihn ersehnte sehr;
Und unbeweglich alles bei ihm steht.“

105 Es sprachen die, die übers Reich Gewalt:
„Geduld, ihr Herrn, das bessern wir wohl bald;
Wir teilen reichlich Geld und Geldeswert
Was ja die Hand des Armen stets begehrt:
Leicht findet Platz, wer nur recht reichlich zahlt.“

106 So holt man Silber denn hervor und Gold
Das bald auch voer der Armen Füßen rollt:
So, glauben jene, ist es leicht gethan
Doch diese rühren nichts vom Gelde an,
Denn keiner hat vom Heil‘gen losgewollt.

107 Die armen Leute rufen insgemein:
„Von dieser Habe soll nichts unser sein;
So große Freude ist uns jetzt beschert
In diesem Heil‘gen, andres hat nicht Wert,
Und seine Fürsprach ist dereinst nicht klein.“

108 Niemals war Rom, die Stadt, so freudevoll
Wie jenen Tag bei Reich und Armen wohl
Um diesen heil‘gen Leib, der jetzt der ihre war;
Es schien, als hätten sie Gott selber gar;
Von allem Volke Gottes Lob erscholl.

109 Alexis jedes Böse immer mied,
Darum ist ihm so hohe Ehr erblüht,
Der Körper sein ruhet zu Rom der Stadt,
Die Seele Gott im Paradiese hat.
Wohl kann voll Freude sein, wer also schied.

110 Wer Sünde that, sich dessen wohl entsinnt
Durch Buße er Vergebung, stets gewinnt.
Ein beß‘res Leben kommt, wenn dies vergeht;
Dies bitten wir die heil‘ge Trinität,

 

Gehe zu

Gehe zu

A collaboration between History of Art and Historic Collections
University of Aberdeen - King's College - Aberdeen - AB24 3SW
  University of Aberdeen  
dombibliothek@bistum-hildesheim.de
© 2003