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Seite 57 Kommentar

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Image © Hildesheim, St Godehard

ALEXIS LAGE

Am Eingang des Alexis Liedes befindet sich eine einzigartige in sehr feinen Farbtönen gehaltene Illustration. Abgebildet sind zwei Szenen, deren Abfolge sich von rechts nach links entfaltet. In der ersten Szene überreicht Alexis seiner Braut einen Ring und einen Schwertgürtel, beides mittelalterliche Zeichen der Treue. Die Brautleute stehen über dem unberührten Ehebett und die Taube des heiligen Geistes weist Alexis in die Richtung seiner Abreise. Über den beiden stehen in roter und grüner Schrift die lateinischen Worte für ,Gesegneter Alexis, erwählter Jüngling.' und ,O gesegnetes Weib, auf ewig der Trauer verschrieben. Das ,p' des puer electus ist verwischt und wurde wieder aufgefrischt.

In der Mitte der gesamten Komposition auf der Türschwelle steht die weinende Braut. Sie ist größer als die anderen Figuren und ist ungewöhnlicher Weise frontal wiedergegeben. Ihre Hand berührt ihre Wange. Über ihr stehen die tröstenden Worte: ,Die Abschiedsgeschenke werden der keuschen Braut überreicht. Der Ring, der Schwertgürtel, die letzten Worte und ein Segen.'

In der Nächste Seiten Szene verläßt Alexis frohgemut sein Haus. Die Türen sind deutlich an Hängescharnieren befestigt mit C-förmigen Lederscharnieren und klar gezeichneten Stäben am unteren Ende der Tür. Daraufhin betritt Alexis das Schiff, bezahlt dem Schiffer seine Überfahrt, und die Hand Gottes wird im Segel sichtbar, um die Abfahrt zu segnen. Die letzte Inschrift lautet: ,Der selige Alexis betritt das Schiff.'

Die Ikonographie dieses Bildes scheint einzigartig zu sein, aber gibt frühere Illustrationen des Alexis-Liedes, die sich auf spätere Szenen der Legende beziehen, wieder. Die Fresken von San Clemente, Rom, aus dem elften Jahrhundert, bilden das Ende der Erzählung ab, und sind als eine sich fortsetzende Geschichte Szene um Szene gestaltet, die sich wie im Albani-Psalter vor den Bögen einer scenae frons abspielen (AP, 120, pl 141a). Pächt sucht nach seltenen Quellen für die Ikonographie des Albani-Psalters (z. B. römische Fresken und Sarkophage) und verwirft viel näherliegende Quellen (AP,120-122; Pächt, 1962, 59, n2). Bebilderte Versionen der Komödien des Terence waren zu dieser Zeit in England bekannt und die dramatischen Konventionen waren allen Künstlern geläufig (Jones und Morey, 1931; Dodwell, 2000, 101-154). In der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts gehörte das wichtigste Beispiel, Oxford, Bodleian Library, Auct.F.2.13, von ca. 1150 sogar der Abtei von St. Albans (Thomson, 101, 35). Ob der Meister des Albani-Psalters den Terence der Bodleian Bibliothek je gesehen hat, ist irrelevant. Auf jeden Fall wußte er um dessen Konventionen. Die Illustrationen in Terence stammen direkt von Aufführungen des römischen Theaters. Sie sehen aus wie ein kurzer Fries, der sich über die Seite zieht und bestehen aus einer Reihe von Episoden und Konversationen. In frühen Versionen, wie z. B. Paris, Bibliothèque Nationale Lat. 7899, aus dem neunten Jahrhundert, ist der Hintergrund schematisch angedeutet und begrenzt sich auf hier und da einen Türrahmen, der aus schlanken Pfosten mit einem Querbalken konstruiert ist. In der romanischen Version in der Bodleian ist dieser Hintergrund zu prächtigen Reihen von komplizierten Gebäuden mit phantastischen Dächern und detaillierte, Türen und Scharnieren verdichtet. Gebäude, die denen im Albani-Psalter sehr ähnlich sind, befinden sich in der Bodleian, fol.4v, und fol.9v bildet sogar einen Abschied auf der Türschwelle ab. Die Geste der Braut des Alexis, die mit ihrer halbgeschlossenen Hand ihre Wange berührt, ist eine Konvention des römischen Dramas (Dodwell, 2000, XIVXL, 74-8, 111-122) und ist oft in angelsächsischer Kunst zu finden. Die letzte enge Parallele zu den Abbildungen in den Komödien des Terence ist die Anwendung und die Position der Inschriften direkt über den Köpfen der Figuren, was besonders deutlich auf fol.30v, Bodleian, Terence zu sehen ist.

Wenn der Meister des Alexis Liedes die Abbildungen im Terence kannte, als er an den Alexisszenen arbeitete, dann waren sie ihm wahrscheinlich auch vor Augen, als er die Initiale für den 18. Psalm entwarf (S. 104). Beide zeigen einen Bräutigam, der das Brautgemach verläßt. Die Gebäude, die Gestik, die Dynamik und die Bedeutung weisen große Ähnlichkeiten auf.

Bemerkenswert ist noch, daß das Lied selbst in Französisch aufgeschrieben ist, die Überschriften, die die Bilder erläutern, aber Lateinisch sind. Im Prolog wechseln sich rote und blaue Zeilen ab, und eine blaue Initiale geht in eine rote Zeile über. Die Überschriften, die erst hinzugefügt wurden, als die Illustrationen schon fertig waren, bestehen aus sich abwechselnden roten, blauen und grünen Zeilen, genau wie die Überschrift aus Seite 69.

Erste Seite der 5. Lage.

 
   

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