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Seite 58 Übersetzung & Transkription

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Übersetzung

1 Gut war die Welt dereinst in alter Zeit,
Da Lieb und Treu es gab, Gerechtigkeit,
Da war auch Glaube da, der heut nichts gilt;
Verwandelt alles ist, entfärbet ist das Bild,
Nie wieder kehret die Vergangenheit.

2 Zu Noahs Zeit, zur Zeit des Abraham,
Davids, die Gott in seine Liebe nahm,
War gut die Welt: nie wird so brav sie sein.
Alt ist sie, gehet zur Verderbnis ein
Weil alles stets zu schlimmrem Ende kam.

3 Nach jener Zeit, da uns erlöst der Herr,
Und unsre Väter nahmen Christi Lehr,
Da war ein hoher Herr zu Rom, der Stadt,
Mächtig, der manchen Ahn zu rühmen hatt‘:
Von seinem Sohne nun vernehmt die Mär.

4 Eufemius — dies des Vaters Name war —
War Graf zu Rom und von den Besten gar:
Der Kaiser liebte keinen so wie ihn.
Ein edles Weib auch wählete sein Sinn,
Der besten eins, die jenes Land gebar.

5 So lebten sie beisammen manchen Tag,
Doch ohne Kind, das war stets ihre Klag.
Und Gott anrufen sie von Herzensgrund:
„O Himmelskönig, segne unsern Bund,
Gieb uns ein Kind, das dir gefallen mag.“

6 So baten sie in großer Demut ihn,
Es sei doch Fruchtbarkeit dem Weib verliehn.
Es kommt ein Sohn, man weiß viel Dank dem Herrn,
Bringt in der heil‘gen Taufe dar ihn gern,
Daß er mit frommem Namen Christo dien.

7 Er ward getauft, ward Alexis genannt;
Die ihn getragen gern ihm Nahrung fand;
Der gute Vater drauf zur Schul ihn schickt,
Wo er gar bald des Wissens Licht erblickt;
Zu Dienst wird er zum Kaiser drauf gesandt.

8 Der Vater sieht, es bleibt sein einzig Kind,
Das seine Liebe immer mehr gewinnt;
Und er erwägt die Zukunft drauf bei sich,
Daß er ein Weib nehm, wünscht er inniglich:
Kauft ihm ein edles Frankenkind geschwind.

9 Das Mädchen nun gar hohe Abkunft hat,
Ist Grafentochter traun in Rom der Stadt,
Das einz‘ge Kind, das er in Ehren hält.
Die Väter nun, sie haben‘s beid‘ erwählt,
Die Lieben zu vermählen hält man Rat.

10 Den Zeitpunkt der Verein‘gung man bespricht,
Wie sich‘s geziemt wird alles zugericht.
Herr Alexis hat lieblich sie gefreit;
Doch seinem Sinn liegt Ehebund sehr weit;

Transkription

Bons fut li secles al tens ancienur quer/ feit i ert e iustise & amur · si ert creance/ dunt ore n’i at nul prut · tut est muez/ p[er]dut ad sa colur ia mais n’iert tel cum/ fut as anceisurs · Al tens noe & al tens/ abraha[m] & al david qui deus par amat/ tant bons fut li secles iamais n’ert si vailant/ velz est e frailes tut s’en vat remanant [declinant is the reading of MSS A and P. The copyist’s eye has here strayed ahead to the end of the next line of verse.] / s’ist ampairet tut bien vait remanant· / Puis icel tens q[ue] d[eu]s nus vint salver nostra/ anceisur ourent cristientet · si fut un/ sire de rome la citet rices hom fud de/ grant nobilitet pur hoc vus di d’un son filz voil parler ·/ [E missing]ufemien si out annum [error for a num] li pedre · cons fut de rome des melz/ ki dunc i eret · sur tuz ses pers l’amat li emperere · dunc p[ri]st/ muiler vailante & honurede · des melz gentils de tuta la/ cuntretha · Puis converserent ansemble longament n’ourent/ amfant peiset lur en forment · e deu apelent andui parfitem[en]t/ e reis celeste par ton cumandem[en]t · amfant nus done ki seit/ a tun talent · Tant li prierent par grant humilitet · q[ue] la/ muiler dunat fecunditet · un filz lur dunet si l’en sourent/ bont gret · de sain batesma l’unt fait regenerer · bel num li/ metent sur la cristientet · Fud baptizet si out num/ alexis · ki lui portat suef le fist nurrir · puis ad escole li bons/ pedre le mist · tant aprist letres que bien en fut guarnit/ puis vait li emfes l’emperethur servir · Quant veit li pedre/ que mais n’avrat amfant · mais que cel sul que il par amat/ tant · dunc se purpenset del secle an avant · or volt que p[re]nget/ moyler a sun vivant · dunc li acatet filie d’un noble franc · / Fud la pulcela nethe de halt parentet · fille ad un conpta de/ rome la ciptet ·n’at mais amfant lui volt mult honurer/ ansemble an vunt li dui pedre parler · lur dous amfanz/ volent faire asembler · Doment [rubricator’s error for Noment] lur terme de lur adaise/ment · quant vint al fare dunc le funt gentem[en]t · danz alexis/ l’espuset belament · mais co est tel plait dunt ne volsist nient/

Übersetzung

1 Gut war die Welt dereinst in alter Zeit,
Da Lieb und Treu es gab, Gerechtigkeit,
Da war auch Glaube da, der heut nichts gilt;
Verwandelt alles ist, entfärbet ist das Bild,
Nie wieder kehret die Vergangenheit.

2 Zu Noahs Zeit, zur Zeit des Abraham,
Davids, die Gott in seine Liebe nahm,
War gut die Welt: nie wird so brav sie sein.
Alt ist sie, gehet zur Verderbnis ein
Weil alles stets zu schlimmrem Ende kam.

3 Nach jener Zeit, da uns erlöst der Herr,
Und unsre Väter nahmen Christi Lehr,
Da war ein hoher Herr zu Rom, der Stadt,
Mächtig, der manchen Ahn zu rühmen hatt‘:
Von seinem Sohne nun vernehmt die Mär.

4 Eufemius — dies des Vaters Name war —
War Graf zu Rom und von den Besten gar:
Der Kaiser liebte keinen so wie ihn.
Ein edles Weib auch wählete sein Sinn,
Der besten eins, die jenes Land gebar.

5 So lebten sie beisammen manchen Tag,
Doch ohne Kind, das war stets ihre Klag.
Und Gott anrufen sie von Herzensgrund:
„O Himmelskönig, segne unsern Bund,
Gieb uns ein Kind, das dir gefallen mag.“

6 So baten sie in großer Demut ihn,
Es sei doch Fruchtbarkeit dem Weib verliehn.
Es kommt ein Sohn, man weiß viel Dank dem Herrn,
Bringt in der heil‘gen Taufe dar ihn gern,
Daß er mit frommem Namen Christo dien.

7 Er ward getauft, ward Alexis genannt;
Die ihn getragen gern ihm Nahrung fand;
Der gute Vater drauf zur Schul ihn schickt,
Wo er gar bald des Wissens Licht erblickt;
Zu Dienst wird er zum Kaiser drauf gesandt.

8 Der Vater sieht, es bleibt sein einzig Kind,
Das seine Liebe immer mehr gewinnt;
Und er erwägt die Zukunft drauf bei sich,
Daß er ein Weib nehm, wünscht er inniglich:
Kauft ihm ein edles Frankenkind geschwind.

9 Das Mädchen nun gar hohe Abkunft hat,
Ist Grafentochter traun in Rom der Stadt,
Das einz‘ge Kind, das er in Ehren hält.
Die Väter nun, sie haben‘s beid‘ erwählt,
Die Lieben zu vermählen hält man Rat.

10 Den Zeitpunkt der Verein‘gung man bespricht,
Wie sich‘s geziemt wird alles zugericht.
Herr Alexis hat lieblich sie gefreit;
Doch seinem Sinn liegt Ehebund sehr weit;

 

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